Vom Studienprojekt ins Autoworld Museum in Brüssel

Drei Männer stehen neben der Replik des ersten Automobils in einem Museumsraum.

Foto THI: v.l.: Dr. Dr. Gerd Treffer, Prof. Dr. Thomas Suchandt und Prof. Dr. Peter Augsdörfer zusammen mit der Replik des ersten Automobils

Das Bild zeigt den Nachbau des ersten Automobils, ein Dampfkessel auf vier Rädern mit einem fünften großen Rad hinten.

Foto: THI. Der Nachbau des ersten Automobils.

Es war ein Zufallsfund von Dr. Dr. Gerd Treffer, Leiter historischer Projekte im Audi-Konfuzius Institut (AKII), während Recherchen in dem historischen Werk „Astronomia Europaea“ (Dillingen, 1687) zum Jesuiten-Mönch Ferdinand Verbiest, der im 17. Jahrhundert Chef-Astronom und Mathematiker im Kaiserreich China war: die Beschreibung eines selbstfahrenden Fahrzeugs, das ohne fremde menschliche oder tierische Hilfe in Bewegung kam und blieb. Das erste Automobil der Welt - und das ca. 200 Jahre vor Benz und Daimler bzw. 100 Jahre vor James Watt. Lange Zeit stand im Raum, ob das Fahrzeug tatsächlich jemals gebaut worden ist, und wenn ja, ob es jemals gefahren ist, da es keine weiteren Erwähnungen oder Zeitzeugen dieser großartigen Erfindung gibt.

Diesen wissenschaftlichen Beweis leistete die Technische Hochschule Ingolstadt (THI) durch den originalgetreuen Nachbau des Gefährts. Zusammen mit der chinesischen Partnerhochschule South China University of Technology (SCUT) in Guangzhou wurde in einem deutsch-chinesischen Studierendenprojekt das erste wirklich fahrende Modell des ersten Automobils der Welt rekonstruiert und nachgebaut. Die Leitung des Projekts hatte Prof. Dr. Thomas Suchandt inne, der das Fachgebiet Konstruktion liest.

Nach einer Machbarkeitsstudie wurde ein Musterfahrzeug mit modernen Materialien erstellt und konnte tatsächlich fahren. Danach mussten in akribischer Feinarbeit historische Recherchen zur Mechanik angestellt werden. Zum Beispiel kann die Umlenkung von der senkrechten auf die waagrechte Achse der Räder nur mit hölzernem Korb- und Kammrad übertragen worden sein. Ebenso war eine Deichsel damals noch nicht bekannt. Kutschen wurden mit ihren starren Achsen von Pferden um die Kurve „gezogen“. Das erklärt das fünfte Rad am Automobil, das wie ein Bootsruder gewirkt haben muss, damit das Fahrzeug im Kreis fuhr.

Einzig der Dampfdruckkessel ist nicht original. Aus Sicherheits- und Produkthaftungsgründen wird so etwas heute nicht mehr hergestellt. 2021 war die Jungfernfahrt in Ingolstadt und das Gefährt ist wirklich gefahren. Damit war der experimentelle Nachweis erbracht, dass Verbiests Fahrzeug tatsächlich selbständig fahren kann. Durch überregionale Berichterstattung erfuhr auch das Autoworld Museum in Brüssel davon und bat um ein Exemplar für ihre weltberühmte Ausstellung.

So reisten Prof. Peter Augsdörfer, Dozent an der THI Business School für Management Strategy und Technology and Innovation Management, in seiner Funktion als Leiter des AKII, zusammen mit Projektleiter Prof. Thomas Suchandt und Gerd Treffer im Juli zur feierlichen Übergabe nach Brüssel. Im Autoworld Museum wurde das Fahrzeug in Anwesenheit belgischer aristokratischer Honoratioren und der Presse bei einem Glas Champagner feierlich übergeben. Dort steht es jetzt als permanentes Ausstellungsstück mit dem Hinweis auf die Technische Hochschule Ingolstadt.