Volle E-Kraft voraus – elektrifiziert auf Kurs Richtung Zukunft

Die Fährverbindung zwischen den Norddeutschen Häfen Norddeich und Norderney soll im Rahmen des europäischen Projekts HYPOBATT elektrifiziert und mit einem neuartigen Schnellladesystem ausgestattet werden. Die Technische Hochschule Ingolstadt (THI) ist dabei erstmals Partner eines maritimen Projekts.

Computersimulation der geplanten Express-Fähre im Hafen von Norddeich

Computersimulation der geplanten Express-Fähre im Hafen von Norddeich

Der Verkehrssektor ist für ca. 23% der CO2-Emissionen verantwortlich und damit eine bedeutende Quelle von klimaschädlichen Treibhausgasen. Nach Straßen- und Luftverkehr fällt eine erhebliche Menge des weltweiten CO2-Ausstoßes auf die Schifffahrt zurück. Weltweit ist die Schifffahrt für den Ausstoß von etwa einer Milliarde Tonnen Kohlendioxid verantwortlich, was 3 Prozent der gesamten vom Menschen verursachten CO2-Emissionen entspricht. Zudem verursacht sie etwa 15 Prozent der globalen Stickoxidemissionen und 13 Prozent der Schwefeldioxidemissionen. Auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Zukunft ist es daher von entscheidender Bedeutung Wege zu finden, diese Emissionen zu reduzieren. Im Rahmen des Europäischen Projekts HYPOBATT, die Abkürzung steht für »Hyper powered vessel battery charging system«, haben sich 18 Schlüsselakteure aus dem europäischen maritimen Sektor vereint. Ziel ist es, ein Schnellladesystem für Schiffe zu entwickeln und zu demonstrieren. Zunächst wird der Fährbetrieb zwischen den norddeutschen Häfen Norddeich und Norderney elektrifiziert werden. Hierfür liefert HYPOBATT ein modulares, schnelles und vorausschauendes Multimegawatt-Ladesystem, mit dessen Hilfe die Schiffe in kürzester Zeit nach dem Anlegen mit der Ladestation verbunden sein und geladen werden können. Das Vorhaben, das Teil einer EU-weiten Horizon-Initiative ist, fokussiert sich auf die Entwicklung eines Megawatt-Ladestandards und Ladeinfrastruktur für Fähren in europäischen Häfen.

Dienstbeginn für das als Katamaran geplante vollelektrische Schiff (Abb. 1), und damit das erste seiner Art unter deutscher Flagge, soll bereits Mai 2024 sein. Der 32,3 m lange Rumpf erhält einen Antrieb durch zwei je 600 kW starke Elektromotoren, zwei elektrische Bugstrahlruder von je 75 kW helfen bei den Manövern. Die ausgelegte Geschwindigkeit liegt bei 19 kn. An Zuladung sind 11.250 kg möglich. Das Katamaran kann bis zu 150 Fahrgäste hin und her befördern. Die Reederei Norden-Frisia plant, das Schiff vor allem in der Hauptsaison einzusetzen, mit acht Fahrten zur Insel Norderney. Die Fahrzeit für die elf Kilometer Strecke zur Insel soll nur 30 Minuten betragen. In Norddeich zurück wird der E-Kat in rund 28 Minuten vollgeladen und bereit für die nächste Tour sein.

Seitens THI beteiligt sich die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Hans-Georg Schweiger an dem dreieinhalbjährigen Projekt. Dabei haben die Ingolstädter auch die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Von Ingolstadt aus wird nun das Projekt europaweit bekannt gemacht. Dafür werden öffentliche Vorlesungen und Workshops organisiert sowie auf Messen und Konferenzen über den aktuellen Stand des Projekts informiert.

 

Drei Fragen an Prof. Dr. Hans Georg Schweiger (Forschungsprofessor Batteriesysteme, Leiter CARISSMA Institute of Electric, Connected, and Secure Mobility (C-ECOS), Leiter Forschungsgruppe Sichere Elektromobilität an der Technischen Hochschule Ingolstadt)

Wie ist es Teil eines solchen Großprojekts zu sein bzw. wie kam es zum Zuschlag für die THI?

Teil eines solchen Großprojekts zu sein, kann für uns und die THI eine aufregende und bereichernde Erfahrung sein. Es bietet die Möglichkeit, an wegweisenden Forschungsaktivitäten teilzunehmen, innovative Lösungen zu entwickeln und wertvolle Netzwerke aufzubauen. Durch die Zusammenarbeit mit führenden, europäischen Forschungsinstitutionen und Unternehmen kann die THI von deren Fachwissen, Ressourcen und Infrastruktur profitieren.

Die Zuschlagserteilung für die THI als Partnerin bei einem Großprojekt kann von verschiedenen Faktoren abhängen. Dazu gehören das Renommee der Hochschule in bestimmten Fachbereichen, die Expertise der beteiligten Forscherinnen und Forscher, die Infrastruktur der Hochschule, die bisherigen Forschungsergebnisse und Referenzen, sowie das Potenzial für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und Projektumsetzung.

In der Regel erfolgt die Zuschlagserteilung nach einem Ausschreibungsverfahren, bei dem interessierte Organisationen ihre Projektvorschläge einreichen. Diese Vorschläge werden dann von einer Bewertungskommission bewertet und die besten oder am besten geeigneten Projekte werden ausgewählt.

Im Projekt HYPOBATT haben sich Partner aus dem europäischen maritimen Sektor zusammengetan, wie kann sich die THI hier integrieren?

Als Partner aus dem Automotive-Sektor können wir unser Fachwissen und unsere Erfahrung in Bezug auf Batteriesysteme, Energieeffizienz, Leistungsoptimierung und Zuverlässigkeit einbringen. Durch den Transfer dieses Wissens auf den maritimen Sektor können dann innovative Lösungen und Technologien entwickelt werden, die den spezifischen Anforderungen der maritimen Branche gerecht werden.

Gleichzeitig bearbeitet die THI sicherheitsrelevante Themen hier am C-ECOS. Dieses Fachwissen kann im Projekt HYPOBATT von großer Bedeutung sein, da Sicherheitsaspekte im maritimen Sektor aufgrund der Größe der Systeme und möglicherweise begrenzter Rettungsmöglichkeiten eine herausragende Rolle spielen. Hier können wir unsere Expertise teilen, um Sicherheitskonzepte, Risikobewertungen, Notfallpläne und technische Lösungen mit unseren europäischen Partnern zu entwickeln, die die Sicherheit in maritimen Systemen verbessern.

Welche Bedeutung haben die Projektergebnisse für die Ingolstädter Forschung?

Die Beteiligung an einem maritimen Projekt wie HYPOBATT ermöglicht der Ingolstädter Forschung, ihr Forschungsfeld und Ihre Fachkompetenzen zu erweitern. Durch die internationale Zusammenarbeit an innovativen Lösungen und Technologien im maritimen Sektor können neue Forschungsfragen und Herausforderungen identifiziert werden, die das Potenzial haben, neue Forschungsgebiete zu eröffnen und das Forschungsspektrum hier an der Hochschule zu erweitern.

Die Projektergebnisse können auch dazu dienen, das Know-how und die Technologien, die im Rahmen des Projekts HYPOBATT entwickelt werden, auf andere Forschungsbereiche der Hochschule zu übertragen. Dadurch kann die Ingolstädter Forschung ihr Fachwissen und ihr Innovationspotential weiterentwickeln und so neue Impulse für zukünftige Forschungsprojekte setzen.

Wenn die abschließenden Projektergebnisse für Unternehmen und Industriepartner relevant sind, kann dies auch die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der THI und der Industrie stärken. Durch den erfolgreichen Abschluss des Projekts HYPOBATT kann das Forschungspotenzial und die Expertise der THI in den Fokus von Unternehmen gerückt werden, was zu weiteren Industriepartnerschaften und gemeinsamen Forschungsprojekten führen kann.

Abschließend profitieren unsere Studierenden davon, dass sich die THI mit allen Fassetten der E-Mobilität beschäftigt. Die daraus resultierende breit gefächerte Ausbildung macht unsere Absolventen zu gefragten Fachkräften auf dem europäischen E-Mobilitätsmarkt.