Projekt „SmartBio“: Biogasanlagen als Akteur am Smart Market – Zusätzliches Erlöspotenzial heben

Das Institut für neue Energie-Systeme (InES) der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) hat ihr neues Projekt SmartBio gestartet. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Rosenheim als Verbundpartner und dem Netzbetreiber KWH Netz durchgeführt.

Aktuell ist die Förderung für erneuerbaren Strom politischer und gesellschaftlicher Konsens. Die Kosten dafür werden auf den Strompreis umgelegt und somit von den Stromverbrauchern getragen. Für die nächsten Jahre besteht das Ziel das Fördervolumen in Summe nicht signifikant weiter zu erhöhen. Die Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energieanlagen (EE-Anlagen) gilt es daher zum einen durch Effizienzsteigerungsmaßnahme bei gleichzeitig sinkenden Förderkonditionen zu erhalten, aber auch durch die Mobilisierung von zusätzlichen Erlösen. Für Biogasanlagen besteht die Herausforderung, dass - anders als bei Wind und Sonne - die Inputstoffe mit Kosten verbunden sind, weshalb die Gestehungskosten für Biogasstrom deutlich über anderen erneuerbaren Technologien liegen. Eine Kostenreduktion der Strom- und Wärmebereitstellung ist nur begrenzt möglich, da die verbleibenden Kosten für das Substrat einen großen Kostenanteil einnehmen. So steht für Biogasanlagen die Erlössteigerung an oberster Stelle um einen wirtschaftlichen Betrieb mit zukünftig geringerer Förderung realisieren zu können. Die flexible Strombereitstellung aus Biogas weist Eigenschaften und Fähigkeiten auf, welche z.B. zur Betriebssicherheit des Stromnetzes beitragen indem sie die schwankende Stromerzeugung aus Wind und Sonne ausgleichen können. Diese Fähigkeiten gilt es in Zukunft noch gezielter zu mobilisieren.

Das geplante Forschungsvorhaben SmartBio konzentriert sich auf die techno-ökonomischen Handlungsfelder im Bereich der energiewirtschaftlichen Erlöspotenziale. Dabei steht die flexible Kapazität der Biogasanlagen im Fokus, welche zukünftig - neben den „Traditionellen Strommärkten“ (Spot, Termin-, Regelleistungsmärkten) -  auch an sogenannten Smart Markets angeboten werden kann. Auf den „Traditionellen Strommärkten“ werden virtuelle Strommengen zwischen Erzeugung und Verbrauch gehandelt ohne das reale Stromnetz und deren mögliche Einschränkungen zu berücksichtigen (sog. Energy-Only-Markt), dies soll bei einem Smart Market anders sein.

Aus Sicht des Projektleiters Prof. Dr. Uwe Holzhammer sind Smart Markets ein intelligentes Instrument um die Zusammenführung von Stromangebot und Stromnachfrage (Strommarkt) mit den Restriktionen und Anforderungen des Stromnetzes auf Verteilnetzebene effizient zu verweben. Smart Markets sollen außerdem als potenzielles neues Instrument zur Steigerung der Erlöse von Biogasanlagen im Zentrum der Untersuchungen stehen.

Auf Grund der aktuellen Strommarktstruktur in Kombination mit den hohen fluktuierenden Erzeugungskapazitäten (z.B. Wind im Norden, PV im Süden) und der hohen Nachfrage (z.B. im Süden) kommt es aktuell häufig zu Netzengpässen. Reichen die konventionellen Maßnahmen zur Behebung des Netzengpasses nicht aus, so werden als letzte Option Erneuerbaren Energien abgeschaltet (sogenanntes Einspeisemangement). Diese abgeregelten Strommengen aus EE-Anlagen nennt man Ausfallarbeit. Getrieben durch die zunehmende Installation fluktuierender EE-Anlagen (PV- und Windenergieanlagen) nahm die Ausfallarbeit in den letzten Jahren stetig zu. Biogasanlagen könnten sich neben anderen Flexibilitätsoptionen wie Speicher, Erdgas-KWK-Anlagen und Power-to-Heat in einem Smart Market wettbewerblich darum bemühen diese Ausfallarbeit in der betroffenen Region zu verhindern (oder zumindest zu reduzieren) und eine sichere Integration von hohen EE-Strommengen ermöglichen. Somit können die Stromnetze über das ganze Jahr gleichmäßig ausgelastet werden und dadurch den notwendigen Stromnetzausbau entsprechend reduzieren. Gleichzeitig können die Biogasanlagen zusätzliche Einnahmen an Smart Markets generieren, so die These des Forschungsprojektes SmartBio.

Das Forschungsprojekt wird von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit einem Gesamtvolumen von 343.981 € gefördert. Das Projekt ist an der Forschungsaußenstelle der THI in Neuburg an der Donau im Bereich Energiesystemtechnik angesiedelt.

Foto: (v.l.) Sebastian Ranner, Gilbert Vogler, Dr. Ulrich Schwarz, Natalie Stut, Tanja Mast, Prof. Dr. Uwe Holzhammer, Thomas Kirchleitner, Mattia Sisca, Dr. Matthias Philipp. Quelle: SWRO