Fahrversuch: Autonomes Auto erkennt selbstständig die Gefahr

Ein Auto parkt an der Straße, ein anderes kommt entgegen - kann das selbstfahrende Fahrzeug ANTON diese Aufgabe meistern? Das erprobten Wissenschaftler der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) zusammen mit dem Anwendungs-zentrun des Fraunhofer IVI auf dem Testfeld In2Lab „Erste Meile“.

Zwei Autos befinden sich auf einer abgesperrten Straße

Der Twizy ANTON fährt selbstständig auf dem abgesperrten Testfeld "Erste Meile". Ein "Hindernis" in Form eines parkenden Fahrzeugs erkennt das autonome Auto mühelos und fährt daran vorbei. Der Test ist gelungen. Foto: THI

ANTON fährt, erkennt ein Hindernis, will es umfahren. Doch da kommt Gegenverkehr – ANTON bleibt stehen. Geschafft! Was für uns Menschen einfach klingt und eine regelmäßige Alltagssituation im Straßenverkehr ist, ist für den autonom fahrenden Twizy eine Herausforderung. Daher sprechen die Wissenschaftler der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) nach dem erfolgreichen Test von einem weiteren Meilenstein im Bereich der kooperativen, vernetzten und automatisierten Mobilität. Drei Teams, bestehend aus Forschern des Forschungs- und Testzentrums CARISSMA, des Instituts für Innovative Mobilität (IIMo) und des Anwendungszentrums „Vernetzte Mobilität und Infrastruktur“ des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI haben sich hierfür zusammengeschlossen und demonstrierten den Verkehr der Zukunft in einem Use Case.

Sensoren lieferten dem Auto wertvolle Informationen

Die große Herausforderung hierbei war, dass die Demonstration im öffentlichen Straßenbereich im Testfeld „Erste Meile“ am Auwaldsee durchgeführt wurde. Daher musste der Bereich aus Sicherheitsgründen gesperrt werden. Entlang des Testfelds stehen zahlreiche Masten mit Sensoren, die dem Fahrzeug wertvolle Informationen lieferten.

Die Infrastruktur-basierte Sensorik im Testfeld identifiziert die Objekte auf der Straße, zum Beispiel andere Fahrzeuge, Radfahrer oder Fußgänger. Besonders wichtig für ANTON sind die verdeckten Objekte, die das Forschungsfahrzeug ANTON mit eigenen Sensoren nicht sehen kann. Die Infrastruktur informiert ANTON über solche Objekte. Damit kann ANTON „um die Ecke“ oder „durch andere Fahrzeuge“ schauen und auf Situationen oder Objekte reagieren, die sich noch nicht in seinem Sichtfeld befinden.

In vielen Szenarien kann das Zusammenspiel der Infrastruktur mit den Fahrzeugen wesentlich dazu beitragen, Risikosituationen zu vermeiden. Kooperative, vernetzte und automatisierte Mobilität (Cooperative Connected and Automated Mobility – kurz CCAM) ist einer der nächsten großen Trends in der Automobilbranche, der in der Demonstration erfahrbar gemacht wurde.

Großer Trend in der Automobilbranche

„Wir wollen zeigen, wie künftiger vernetzter und automatisierter Verkehr die Sicherheit erhöht. Die Infrastruktursensorik erkennt den Gegenverkehr und gibt dem Fahrzeug die Botschaft, ob die Straße frei ist und es ein Hindernis sicher umfahren oder ein vorausfahrendes Fahrzeug überholen kann“, sagte Professor Dr. Gordon Elger, Leiter des Fraunhofer Anwendungszentrums „Vernetzte Mobilität und Infrastruktur“.

Durch CCAM soll die bestehende Infrastruktur optimiert, die Umweltauswirkungen des Verkehrs verringert und gleichzeitig mehr Sicherheit im Verkehr geschaffen werden. Fahrzeuge tauschen Informationen über ihre Zustände wie Standort, Geschwindigkeit oder Fahrweg aus und schicken sich gegenseitig Warnungen. Durch in der Infrastruktur verbaute Sensorik wird dies unterstützt, vor allem in unübersichtlichen Verkehrssituationen und bei schlechten Wetterbedingungen.

Die Fahrversuche haben das Potenzial der Technik bestätigt. Ein kooperatives Planungsmodul wird in das Forschungsfahrzeug ANTON integriert.

Die Zusammenarbeit der Forschungseinrichtungen bei diesem Fahrmanöver zeigt den Erfolg der vernetzten und kooperativen Forschung an der THI.

Folgende Projekte waren involviert:

Das Projekt IN2lab entwickelt ein System zur Absicherung automatisierter Fahrfunktion. Wesentliche Komponenten sind infrastrukturseitige Sensoren zur Umfelderfassung, Car2X-Kommunikation zur Vernetzung der Fahrzeuge, der Infrastruktur und des Backends sowie eine Mission Control zur Überwachung und Steuerung.  Das Projekt IN2lab wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.

Das Projekt ANTON entwickelt eine offene, auf einem Renault Twizy basierte Plattform für die Entwicklung und das Testen von kooperativem, vernetztem und automatisiertem Fahren. Das Fahrzeug ist mit Drive-by-Wire, Sensoren und Rechen- und Kommunikationstechnologie erweitert und hat auch eine Zulassung für öffentliche Straßen.  Das Projekt ANTON wurde im Rahmen der Forschungspartnerschaft SAFIR (Safety for all – Innovative Research Partnership on Global Vehicle and Road Safety Systems) mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung entwickelt und aufgebaut.

Das Projekt CommonSense erforscht neue Methoden der Umfeld-Wahrnehmung durch Einbindung hochmoderner Sensoren in die Fahrzeuge und KI-basierter Datenfusion der Sensoren. Die Qualität der Datenfusion wird hierbei durch die Einbindung der Sensordatenqualität erhöht. Zur Absicherung der neuen Algorithmen werden im Projekt Ansätze der virtuellen Validierung der Verkehrsszenarien entwickelt und eingesetzt. Das Projekt CommonSense wird durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert.