TH Ingolstadt plant IT-System für größten Surfpark der Welt

Bei der Umsetzung der begleitenden Geschäftsprozesse hilft das Verfahren des „Prozessgesteuerten Ansatzes“ von THI-Professor Dr. Volker Stiehl

Auf dieser Fläche im westfälischen Werne entsteht die größte Surfparkanlage der Welt. (Foto: Surfworld)

Mit dem Doppelprojekt SURFWRLD/SCNCWAVE entsteht im westfälischen Werne in den kommenden Jahren der größte Surf Park und die größte Hydrodynamikanlage der Welt. Dies setzt nicht nur sportliche und wissenschaftliche Maßstäbe, auch bei der Umsetzung der begleitenden Geschäftsprozesse geht das Vorhaben neue Wege. In Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) implementiert ein Studierendenteam im Rahmen ihres Semesterprojektes Kernprozesse wie die Buchung von Surf-Zeiten nach einem innovativen Verfahren, das ausschließlich an der THI sowohl theoretisch im Bachelor-Studiengang Wirtschaftsinformatik als auch praktisch im neuen Master-Studiengang Business Information Systems Engineering vermittelt wird.

Dieses Verfahren, der „Prozessgesteuerte Ansatz“, wurde von Prof. Stiehl (THI) entwickelt. Es unterscheidet sich grundsätzlich von herkömmlichen Verfahren zur Umsetzung von Geschäftsprozessen, da Prozesse nicht mehr programmiert, sondern modelliert und auf Basis dieser Modelle auch ausgeführt werden, wie Prof. Dr. Volker Stiehl erklärt. Neben einer deutlich reduzierten Umsetzungszeit von Prozessen garantiere der Ansatz qualitativ hochwertige Software bei gleichzeitig voller Transparenz während der Ausführung: „Wie in einer Leitstelle bei komplexen Produktionsanlagen erhält der Betreiber eine Art Armaturenbrett (Dashboard), auf dem er die Zustände der Prozesse in Echtzeit nachvollziehen kann. Diese vollständige Transparenz in Echtzeit ist einmalig in der Entwicklung von Unternehmensanwendungen und wird die Softwareentwicklung nachhaltig verändern.“

Prozesse sind nötig, die man nicht von der Stange kaufen kann

Dass die TH Ingolstadt und SURFWRLD/SCNCWAVE zusammenarbeiten, ist einem glücklichen Zufall zu verdanken: Die Eltern von Prof. Dr. Volker Stiehl leben in Werne. So kam er mit dem Doppelprojekt in Kontakt. Prof. Stiehl: „Ich las über SURFWRLD in der lokalen Presse und mir war sofort klar, dass dieses Projekt Prozesse benötigt, die man so nicht einfach von der Stange kaufen kann. Dazu sind die Anforderungen einfach zu speziell. Also muss das Projektteam über individuelle Lösungen nachdenken und genau hier passt der prozessgesteuerte Ansatz wie der berühmte Deckel auf dem Topf.“

Die Projektentwickler- und Betreibergesellschaft SW war sofort begeistert. Geschäftsführer Dr. Michael Detering: „Der prozessgesteuerte Ansatz hilft uns in beiden Bereichen enorm. Wir haben so direkten Zugriff auf die IT-Landschaft, sind sehr flexibel und langfristig unabhängig von Anbietern. Dies bedeutet nicht, dass SW als Bauherr und Betreiber alle Vorgänge zukünftig selbst verwalten muss. Bei der Zusammenarbeit mit Partnern, Dienstleistern und IT-Firmen bleiben wir aber deutlich flexibler.“

Die Strukturen betreffen Sport, Freizeit und Wissenschaft

Die ersten Prozesse, die die THI-Studierenden und SW zunächst ins Auge fassen, betreffen beide Projektbereiche. Zum einen wird ein vernetztes System zum Surfbetrieb und zur Distribution aufgesetzt. Zum anderen sind die Strukturen auch für die Planungen und Verwaltung im Forschungsbereich gedacht. So müssen beispielsweise die Beckenauslastung und der auslastungsabhängige Personaleinsatz frühzeitig geplant werden, ebenso das Wassermanagement. Diese Beispiele verdeutlichen eines sehr schön, so Stiehl: „Den enormen Bedarf nach Prozessen, die stark miteinander verflochten und in dieser Form in keiner Standardsoftware vorzufinden sind. Genau hier spielt der prozessgesteuerte Ansatz seine Stärken aus und eröffnet SW die Flexibilität und Effizienz, die zum Betrieb dieses ehrgeizigen Projektes erforderlich sind.“

Erweiterung zum Energiemanagement möglich

Über die bisherigen Strukturen hinaus ist im Doppelprojekt für den prozessgesteuerten Ansatz auch ein weiteres Feld interessant. Die Anlage wird nicht nur mit nachhaltigen Baustoffen errichtet, sondern auch mit regenerativen Energien betrieben. SW plant hierzu Erzeugungskapazitäten mit Fotovoltaik und einer eigenen neuen Wasserkraftanlage in der benachbarten Lippe. Über das Jahr gesehen wird zwar mehr elektrische Energie erzeugt und ins Netz eingespeist, als das Doppelprojekt selbst benötigt. Erzeugung und Bedarf sind jedoch nicht gleichmäßig, sondern schwanken. Hinzu kommen E-Ladesäulen für Besucher und Beschäftigte. Auch diese werden in das Energie-Management eingebunden und sind zu fakturieren. Als Folge davon ist eine Vielzahl begleitender, höchst individueller Prozesse zu implementieren, für die der prozessgesteuerte Ansatz prädestiniert ist. Doch nicht nur das: Der prozessgesteuerte Ansatz trägt auch zur Nachhaltigkeit in der Softwareentwicklung bei und unterstützt somit die ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele des gesamten Projektes. Detering: „Es wäre mir nach den bisherigen Erfahrungen am liebsten, wenn wir auch dies über einen prozessgesteuerten Ansatz umsetzen würden.“

Über die THI:

Die Schwerpunkte der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) liegen in den Bereichen Technik und Wirtschaft. Neben der praxisbezogenen Lehre zeichnet sich die THI durch ihre Forschungsstärke aus. Verknüpft mit der regionalen Wirtschaftsstruktur positioniert sich die THI als eine der führenden Mobilitätshochschulen Deutschlands. Über 6.500 Studierende sind an der THI immatrikuliert, rund 800 Mitarbeiter sind in Lehre, Forschung und den wissenschaftsunterstützenden Bereichen tätig.

Über SW:

Die SW GmbH & Co. KG plant im westfälschen Werne zwischen Dortmund und Münster in der Nähe der A1 auf einem ehemaligen Zechengelände den größten Surf Park der Welt sowie begleitende Anlagen. In der kalten Jahreszeit wird die Haupteinrichtung als wasserbauliche Großforschungsanlage genutzt und ermöglicht Untersuchungen in Maßstäben, die in der Wissenschaft bislang nicht möglich waren. Hierzu entstehen zwei riesige Wasserbecken von 240  x 100  Meter beziehungsweise 180  x 100 Meter, in denen für den Sport bis zu zwei Meter hohe surfbare Wellen erzeugt werden. Im Forschungsbetrieb sind auch Wellen mit mehr als drei Meter Höhe möglich. Daneben wird zusätzlich eine „stehende Welle“ gebaut und ganzjährig betrieben.