CARISSMA erhält autonomes Forschungsfahrzeug

Offene Testplattform für Erforschung kooperativer, vernetzter und automatisierter Mobilität

Für die Untersuchung und Weiterentwicklung autonomen Fahrens hat das CARISSMA-Institut ein neues Forschungsfahrzeug erhalten. (Foto: THI)

Ingolstadt, 02.06.2021  

Die kooperative, vernetzte und automatisierte Mobilität bringt viele sicherheitsrelevante Fragen mit, zu deren Lösung Wissenschaftler des CARISSMA-Institutes der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) beitragen. Zur Unterstützung dieser Forschung dient ab sofort ein mit umfassender Sensorik ausgestatteter Renault Twizzy.

Um verschiedene Situationen zu bewerten, ist es notwendig, neben der virtuellen Annäherung durch Simulationen auch Erfahrungen aus realen Experimenten zu sammeln. Das von BMBF geförderte Projekt ANTON – Absicherung autonomer Fahrfunktionen mit Austausch von Trajektorien und Objekten – stellt dafür eine Experimentierplattform zum automatisierten Fahren bereit. Das Projekt ist Teil eines umfassenden Forschungsnetzwerks, in dem die THI und externe Partner gemeinsam an innovativen Technologien zur Fahrzeug- und Verkehrssicherheit forschen: SAFIR (Safety for all – Innovative Research Partnership on Global Vehicle and Road Safety Systems).

Das Hauptziel von ANTON ist die Entwicklung einer experimentellen Plattform zur Erforschung und Erprobung von vernetzten und automatisierten Fahrfunktionen. Die Plattform baut auf einem Serienfahrzeug auf, erweitert durch Drive-by-Wire-Funktionen, eine offene Softwareschnittstelle, Vehicle2X Kommunikation und Sensoren.

Das Drive-by-Wire-System des Versuchsfahrzeugs ermöglicht den vollen Zugriff auf die Fahrzeuglenkung, die Bremse und das Gaspedal oder auch die Fahrzeugbeleuchtung über den CAN-Bus. Daher kann das Fahrzeug sogar mit einem Joystick oder über einen Computer vollständig gesteuert werden.

Die offene Softwareschnittstelle auf Open-Source-Basis bietet vordefinierte Module für Wahrnehmung, Entscheidung und Planung. Zusätzlich erlaubt es den Anwendern, den Quellcode der Software zu modifizieren, um z. B. neue Sensoren oder Algorithmen zu implementieren oder auch bewusst Fehler für Testzwecke einzufügen. Schließlich werden die Ausgaben des autonomen Driving-Stacks per CAN-Bus an den Drive-by-Wire-Low-Level-Controller übertragen. Der Low-Level-Controller kümmert sich um die Befehle an die Aktoren.

Das Versuchsfahrzeug verfügt über flexible Sensorhalterungen, die es dem Anwender erlauben, verschiedene Arten von Sensoren wie Kameras, Radars, Lidar (Laserscanner), oder auch Ultraschall anzubringen. Dadurch ist für einen bestimmten Anwendungsfall der Einsatz von verschiedenen Arten und Mengen von Sensoren möglich. Momentan ist die Plattform mit 8 Kameras und einem Lidar ausgestattet; die Wissenschaftler arbeiten bereits an der Integration von Radar-Sensoren.

Die Erweiterung des Versuchsfahrzeugs um Vehicle2X-Kommunikation wird den Informationsaustausch mit anderen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur ermöglichen. Dabei stehen Anwendungen zur Steigerung der Sicherheit im Vordergrund: So soll durch den Austausch von Sensorinformationen die Umfeld-Wahrnehmung des Fahrzeugs erweitert und verbessert werden. Weitere Anwendungen sin die Fernsteuerung des Fahrzeugs („Tele-operiertes Fahren“) und der Austausch von Manöverintentionen zwischen Fahrzeugen.

Neben dem Forschungsnetzwerk SAFIR wird das Fahrzeug auch als eine Testplattform für weitere Projekte eingesetzt, z.B. für die Entwicklung des Testfelds Ingolstadt für vernetztes und automatisiertes Fahren namens Erste Meile – IN2Lab genutzt. IN2Lab bietet eine erweiterte Wahrnehmung für automatisiert fahrende Fahrzeuge durch redundante infrastrukturbasierte Sensoren und Vehicle2X-Kommunikation. Und nicht zuletzt wird ANTON auch in der Lehre eingesetzt werden. Er ermöglicht zukünftigen Ingenieuren, unschätzbare praktische Erfahrungen im Bereich der kooperativen vernetzten und automatisierten Mobilität zu sammeln.