Forschungs- und Testzentrum CARISSMA der Technischen Hochschule Ingolstadt schlägt internationalen Kurs ein



Das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit aller Verkehrsteilnehmer gilt immer und für jeden überall auf der Welt. Dieses universelle Menschenrecht war bereits tragender Ausgangspunkt bei den ersten Planungen für den Forschungsbau CARISSMA der Technischen Hochschule Ingolstadt, was sich nicht zuletzt in der Forschungsprogrammatik ganz deutlich zeigt: Leitmotiv ist die Realisierung der sogenannten „Vision Zero“ das Fernziel von null Verkehrstoten.

Gerade bei den sogenannten BRIC-Staaten, den aufstrebenden Schwellenländern in Lateinamerika und in Asien, besteht hier ein immenser Nachholbedarf. Hier geht die zunehmende Nachfrage nach Mobilitätstechnologien mit extrem hohen Unfallzahlen einher: Jedes Jahr kommen in China auf 100.000 Einwohner über 20, in Kolumbien über 15 Verkehrstote – dreimal so viel wie in Deutschland und darunter überproportional viele Fußgänger und Zweiradfahrer. Auch wenn das genannte Fernziel von null Verkehrstoten hier in weiter Ferne liegt, so kann durch grenzüberschreitende, speziell auf die Gegebenheiten der jeweiligen Zielregion ausgerichteten Forschungskooperationen doch ein signifikanter Beitrag zur Verringerung der Verkehrsopfer geleistet werden.

Vor diesem Hintergrund vernetzt sich CARISSMA international mit exzellenten Forscherteams. Nach Indien, China und Brasilien steht nun Kolumbien als zweiter lateinamerikanischer Staat im Fokus: Der zwischen THI-Präsident Prof. Dr. Walter Schober und dem Vizedekan der ingenieurwissenschaftlichen Fakultät der renommierten Universidad de los Andes (Bogotá), Carlos F. Rodriguez, unterzeichnete Kooperationsvertrag legt die ersten Grundlagen für einen institutionalisierten Austausch in Forschung und Lehre mit dem lateinamerikanischen Land. Nicht zuletzt die Forschungskooperationen der Universidad de los Andes mit weiteren kolumbianischen Playern aus der Automotive-Branche stellt eine Bereicherung dar.

Bereits in diesem Jahr soll ein erstes bilaterales Forschungsprojekt zum Thema „intelligente Ampeln“ starten. Gemeinsam mit der kolumbianischen Universitätsstiftung COMFENALCO möchte CARISSMA damit die Sicherheit insbesondere der ungeschützten Verkehrsteilnehmer erhöhen. Dies soll insbesondere dadurch erreicht werden, indem die genannten Ampeln kritische Verkehrssituationen mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern erkennen und motorisierter Verkehrsteilnehmer warnen können.

Der Forschungsbau CARISSMA gilt als Novum in der deutschen Wissenschaftslandschaft. Das 28-Millionen-Projekt ist der erste Forschungsbau, der an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Deutschland genehmigt wurde. Geleitet wird CARISSMA von Prof. Dr. Thomas Brandmeier, einem der Experten für Fahrzeugsicherheit in Deutschland. Um die „Vision Zero“ zu erreichen, vernetzt das CARISSMA-Team die aktiven und passiven Sicherheitssysteme zu einem „globalen“ Sicherheitssystem, das mit der Umwelt kommuniziert und bei Bedarf Maßnahmen einleitet – entweder zur Vermeidung oder zur Folgeminderung von Unfällen.

Der ca. 120 Meter lange und 30 Meter breite CARISSMA-Forschungsbau, der 2016 in Betrieb geht, wird insgesamt zehn hochmoderne Versuchsanlagen für die Forschung beinhalten, darunter eine Indoor-Versuchsanlage für die kombinierte Untersuchung des Crashs mit der Vorgeschichte des Unfalls, in der erstmals automatisierte Fahrversuche mit Fahrrobotern in komplexen Verkehrsszenarien indoor durchgeführt werden können, ein Fahrsimulator mit Hexapod-Bewegungsplattform, ein Fußgängerschutzlabor, ein Fallturm, Simulationseinrichtungen sowie eine Entwicklungs- und Testplattform für Car2X-Kommunikation. Eine Outdoor-Versuchsanlage für Fahrversuche mit integralen Sicherheitssystemen am nordöstlichen Stadtrand von Ingolstadt ergänzt den Forschungsbau.

Derzeit baut CARISSMA das erforderliche Personal auf. Am Ende des Ausbaus 2018 werden in CARISSMA insgesamt 85 Forscher und Versuchsingenieure arbeiten. Der Ingenieurnachwuchs erhält bereits während des Studiums die Möglichkeit, Kontakt zu innovativen Forschungsthemen aufzunehmen und an ihnen mitzuwirken. Nach dem Studium ermöglicht CARISSMA den Studierenden den Übergang in ein Promotionsstudium im Rahmen eines seiner vielen Forschungsprojekte.